Eine Chance für Europa -

Digitale Souveränität

Die Digitalisierung und mit ihr einhergehend auch künstliche Intelligenz und Analytik sind mittlerweile allgegenwärtig. Für ihre Verarbeitung brauchen wir Big Data. Doch wie können Unternehmen erwarten, dass Kund*innen ihre persönlichen Daten bereitstellen, ohne irgendeinen unabhängigen Beweis dafür zu haben, dass Themen wie Datenschutz und Informationssicherheit, aber auch vorurteilsfreie Technologien von Unternehmen eingehalten und umgesetzt werden? 
In einer virtuell vernetzten Welt ist es an der Zeit, vertrauenswürdige Technologien und abgesicherte Prozesse zu etablieren, um nachhaltiges und sicheres Datenmanagement gewährleisten zu können. Digitale Souveränität, ein Begriff, den die Europäische Union (EU) eingeführt hat, kann dabei von Technologieunternehmen auf verschiedenen Ebenen implementiert werden.  

Europas Wettbewerbsfähigkeit

Eine Initiative der EU zur digitalen Souveränität zielt darauf ab, Europa als Wettbewerbsführer für erstklassige, verantwortungsbewusste und nachhaltige High-Technology zu positionieren. Der Hauptgrund für die verstärkten Bemühungen zu diesem Thema, ist die Tatsache, dass die EU stark von nicht-europäischen Unternehmen abhängig ist, was die sozialen Bereiche digitaler Infrastruktur, Komponenten und Dienstleistungen angeht, aber auch deren Entwicklung, Produktion und Vertrieb. Die Initiative ist ebenfalls eine Antwort auf die Probleme der EU bezüglich Datenkontrolle und Strafverfolgung auf digitaler Ebene.  
Schon 2015 hat die EU begonnen, strategisch in die Digitalisierung zu investieren und hat ein Konzept der digitalen Souveränität entwickelt, mit dem sich Europa gegen die Weltmarktführer im Technologiebereich, den USA und China, behaupten soll. "Europa muss seine digitale Souveränität stärken, um den Herausforderungen der Zukunft besser begegnen, Lebensgrundlagen sichern und die Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger gewährleisten zu können."[1] Das Fördern der technologischen Souveränität soll die Entwicklung, Unterstützung und Verbesserung europäischer Standards vorantreiben sowie die für eine verantwortungsvolle Integration importierter Komponenten, erforderlichen Kompetenzen entwickeln, unterstützen und aufbauen. Dies steht in keinerlei Konflikt mit dem Freihandel.
Europa will künftig nicht mehr nur folgen, sondern die digitale Landschaft anführen und kreiert dafür eine Vision von einer virtuellen Wirtschaft und Gesellschaft.

Voraussetzungen für digitale Souveränität sind vielfältig 

Die Voraussetzungen für eine digitale Souveränität bestehen aus Datensouveränität und technologischer Souveränität in den Bereichen Hardware, Software und Architektur. Datenschutz und Informationssicherheit bilden zusammen einen weiteren Eckpfeiler der digitalen Souveränität und erfordern „harmonisierte Produkt-Anforderungen über Unternehmensgrenzen und Länder hinweg zu schaffen, die die gesamte Supply-Chain sowie den gesamten Produktlebenszyklus betreffen.“[2] 
Darüber hinaus ist die digitale Souveränität sowohl eine Frage der Gerichtsbarkeit als auch der Fachkompetenz für die erforderlichen Anpassungen.
Für Verbraucher*innen ist technologische Souveränität gleichbedeutend mit dem Recht auf wirksamen Schutz ihrer selbstbestimmten Informationen. Konkretisiert werden kann dies unter anderem auf Datenschutz, Informationssicherheit, Interoperabilität und Nachhaltigkeit. Nach Angela Merkels Definition der digitalen Souveränität im Jahr 2019, müssen Menschen in die Digitalisierungsprozesse mit einbezogen werden und die Kontrolle über ihre persönlichen Daten behalten.[3] 

In der Realität kann beobachtet werden, dass Verbraucher beim Kauf von analogen oder physischen Produkten durchaus auf Zertifikate und Sicherheitsstandards achten, jedoch virtuellen Angeboten meist blindlings vertrauen. Gründe dafür könnten der zusätzliche Aufwand, um an die entsprechenden Information zu gelangen, oder mangelndes Risikobewusstsein sein. Häufig wissen Nutzer*innen auch nicht, wie, wo oder von wem ihre Daten verarbeiten werden. Oder aber, wie man seine eigenen Daten verwalten sollte und welche Rechte man hat. Im Gegenzug häufen sich jedoch die Compliance-Vorfälle.  


Im Zuge der digitalen Souveränität können Unternehmen wachsen

Aus Sicht der Anbieter schafft das Konzept der digitalen Souveränität eine Chancengleichheit für europäische Technologieunternehmen, unter anderem durch einheitliche Gesetzgebung und auch Finanzhilfen für die Forschung und Weiterentwicklung der digitalen Technologie.  

Zwar hat der Staat eine kybernetische Kontrolle, eine Form der Selbstkontrolle, um Gesetze, Anreize, Kosten oder Steuern zu gestalten, ist jedoch auch auf digitale Unternehmen angewiesen. Die Forderung der Unternehmen ist Autonomie im digitalen Bereich und die selbstbestimmte Gestaltung der digitalen Transformation. Diese Entwicklungen haben ein neues System der Internet-Governance geschaffen und sich dadurch zu einer neuen Herausforderung für Unternehmen entwickelt. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sie, egal ob sie in Europa ansässig sind oder in Europa handeln, in vertrauenswürdige digitale Produkte und Dienstleistungen investieren.  Digitale Souveränität bietet sowohl Einfluss als auch Führung im digitalen Zeitalter. Sie ist zu einem Instrument für Unternehmen geworden, um die Leistungsfähigkeit ihrer Produkte und Marken, insbesondere auf dem Weltmarkt, zu steigern. 





Unternehmen empfehlen wir, als erstes die Prinzipien und Werte zu definieren, die für das eigene Unternehmen gelten sollen. Wenn diese in die Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens integriert werden und der größere Einfluss dieser Produkte und Dienstleistungen mit einem ebenfalls breiteren Mindset bedacht wird, so wird das Vertrauen von Kund*innen, Geschäftspartner*innen und anderer Stakeholder gestärkt.


Kommunikation ist der Schlüssel zum Erfolg.



​​​​Nachstehend finden Sie einige Fragestellungen, die sich Unternehmen selbst beantworten sollten, um sich der digitalen Souveränität anzupassen: 

  • In welchen Fällen kann und sollte ich die volle Kontrolle über die Daten meiner Kund*innen haben?
  • Wie stelle ich sicher, dass digitale Souveränitätsstandards in das Design meiner Hardware mit einbezogen werden

  • ​Bin ich von einem meiner Partner abhängig und wenn ja, ist dies freiwillig? 

  • ​​​Habe ich sichergestellt, über die neuesten technischen Entwicklungen, aber auch über den effizientesten Datenschutz, die Informationssicherheit sowie über die neuesten Bias-Features auf dem Laufenden zu sein?​ ​

  • Welcher Grad an Transparenz wird von Regulierungsbehörden und anderen Interessengruppen erwartet und wo liegen deren Grenzen?

  • Bin ich vollständig im Bilde darüber, welchen Gesetzen meine Partner unterliegen und welchen nicht?​​​

Unternehmen müssen die Interessen der Menschheit, der Gesellschaft und der Umwelt in den Fokus ihrer digitalen Transformation rücken. Obwohl das Konzept der digitalen Souveränität aus Europa stammt, bilden die Grundsätze, auf denen es gebaut ist, eine solide Grundlage für ALLE Unternehmen, um eine faire, verantwortungsbewusste und nachhaltige technische Weiterentwicklung zu schaffen und zu etablieren.


Quellen

– (1) Federal Foreign Office (Ed.) (n/A). Expanding the EU’s digital sovereignty. www.eu2020.de – [23.04.2021]

– (3) Federal Government (Ed.) (26.11.2019). Speech by Federal Chancellor Dr Angela Merkel opening the 14th Annual Meeting of the Internet Governance Forum in Berlin on 26 November 2019. www.bundesregierung.de – [23.04.2021]

– Floridi, L. (2020). The Fight for Digital Sovereignty: What It Is, and Why It Matters, Especially for the EU. Philosophy & Technology, 33, p. 369–378.

– Fox, D. (2018). Digitale Souveränität. Datenschutz und Datensicherheit, 42(5), p. 271-271.

​​– (2) Kalusa, K. (30.04.2020). Unternehmen brauchen digitale Souveränität. Von VDMA Maschinen- und Anlagenbau. www.vdma.org – [13.01.2020]​​

– Kar, R. M., & Thapa, B. E. (2020). Digitale Souveränität als strategische Autonomie: Umgang mit Abhängigkeit im digitalen Staat. Berlin: Kompetenzzentrum Öffentliche IT / Fraunhofer FOKUS. 

​​– Krupka, D. (2020). Dimensionen Digitaler Souveränität – Ein Überblick. Arbeitspapier: Schlüsselaspekte Digitaler Souveränität (S. 1-23). Bonn: Gesellschaft für Informatik e.V.​​

​– Schieferdecker, I., & March, C. (2020). Digitale Innovationen und Technologiesouveränität. Wirtschaftsdienst, 100, p. 30-35.​

– Sieber, Z. (10.02.2021). Digital Sovereignty – The EU in a Contest for Influence and Leadership. Von Heinrich-Böll-Stiftung e.V.: www.boell.de – [23.04.2021]​​


geschrieben von:
Elena von Stein, Member of Strategy Consulting Competence Circle

Übersetzt aus dem Englischen von: 
Verena Berns, Managerin Marketing & Communications

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